Reserve-Infanterie-Regiment 247 in Lothringen (1916)

Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr.247 im Weltkrieg 1914-1918
Dr.August Herkenrath; Stuttgart: Chr.Belser, 1923; Seiten 92-94

In Lothringen, 10.Oktober bis 11.November 1916

Waldstellung bei Montreux – R.I.R.247

 

Und dann kam Lothringen. Der Himmel zog wieder seinen Vorhang vor, und ein schwerer Regen ging nieder. In Heming Ausladen. I.Bataillon und Regimentsstab kamen in Lörchingen unter, II. in Hesse, Schweixingen und Hermelingen, III. in Heming. Ein grauer Regentag folgte und danach Abmarsch nach Frémonville, Bertrambois und Tanconville. Von da gingen Vorkommandos ab, und am Nachmittag des 9.Oktober marchierten wir über Cirey und Parux in die Stellung vorwärts Bréménil.

Der bisherige Führer des I.Bataillons, Major Gutscher, zum Kommandeur des Regiments ernannt, übernahm den Befehl über das Regiment. Nach einigen Tagen traf der neue Führer des I.Bataillons ein, der uns schon bekannte Hauptmann Ernst. Die neugegründete 3.M.G.-Kompagnie wurde dem III.Bataillon angegliedert. Das I.Bataillon übernahm die Gräben vorwärts Montreux, das III. die Waldstellung links davon und das II. die Stellung vorwärts Les Carrières.
Geradezu märchenhaft mutete uns der allgemeine Friede an, der herrschte. Kaum 900 Meter hinter der Front war die Ruhestellung der Bereitschaft: malerisch gelegene Blockhäuser im herrlichen, unzerstörten Hochwald. Und vorne fiel fast kein Schuß. Nur nachmittags bei klaren Wetter pflegte die feindliche Artillerie sich einige Ziele im Hintergelände auszusuchen.
Wir lösten sächsische Truppen ab, die hier seit 1915 lagen. Eine berühmte Zeit hatten auch sie gehabt: im Februar 1915 hatten sie mit ihren Nebendivisionen in breiter Front die Vezouse überschritten, Cirey und Blamont weggenommen und sich diese Stellung vor Badonviller erkämpft. Danach war es nach kurzen Wiedereroberungsversuchen immer stiller geworden, und nun herrschte allgemeiner Friede. Man pflegte vorn nicht aufeinander zu schießen und sich nicht gegenseitig in der Arbeit zu stören.

Das Drahthindernis war gut, die Stellung auch ganz sauber ausgebaut, aber bei einem Großkampf mußte sie schnell erliegen. Die Unterstände hatten ganz ungenügende Deckung und hielten keine mittlere Granate aus, die Gräben waren durchweg zu steil, der Wasserabfluß ungenügend.
Mit Feuereifer gingen wir gleich an die Arbeit. Die Gräben wurden verbreitet, die Wände verkleidet, ersoffene Unterstände ausgepumpt, neue miniert bzw. betoniert. Auf dem Pionierpark in Cirey war großes Erstaunen. Soviele Anforderungen waren noch nie ergangen und konnten nicht bewältigt werden. Eine tiefer liegende Stelle links von der Straße Bréménil-Badonviller war ganz vernachlässigt und stand halb unter Wasser, weil, wie wir bald heraus hatten, der Gegner einen Staudamm davor gebaut hatte. Dieser wurde bei Nacht von Vizefeldwebel Rominger durchbrochen, und nun strömte eine gewaltige Wassermasse auf die feindlichen Gräben. Die Franzosen rächten sich durch ein Feuer mit schweren Minen, das aber nur wenig Schaden tat.
Die sog. Chamoisnase, eine vorspringende Ecke links von der eben genannten Stelle, wurde durch einen Quergraben abgeschnitten und dann ganz verdrahtet und dadurch das Grabensystem wesentlich vereinfacht.
Das I. Bataillon wurde am 12.Oktober durch II./248 abgelöst und dann übernahm es einen Abschnitt links vom II.Bataillon, den bisher die 245er innehatten. Diese schieden jetzt aus der Division aus, und es kam ein württembergisches Regiment hinein, das Res.-Inf.-Reg.122.
Der neue Abschnitt des I.Bataillons lag völlig im unzerstörten Hochwald. Die Leute liefen bei Tage außerhalb des ersten Grabens auf der Deckung herum. Dieser ungewöhnliche Zustand machte unvorsichtig. Der kühne Führer der 4.Kompagnie, Leutnant Deutsch, wurde bei allzu verwegenem Patrouillengang gegen die feindliche Linie am 26.Oktober erschossen.

Am 8. November erschien eine feindliche Patrouille vor dem Graben der 9.Kompagnie im rechten Abschnitt. Sie wurde vertrieben. Dabei wurde aber Unteroffizier Löscher tödlich verwundet. Das waren die einzigen Verluste, die wir in dieser Stellung hatten. Auch hinter der Front in den Ruhequartieren wurde für Ordnung gesorgt und gearbeitet.

Regimentsgefechtsstand bei La Boulaie. Click on picture for additional images.

Besonders malerisch war der Regimentsgefechtsstand bei La Boulaie. Es war ein Betonhaus an einem waldbewachsenen Berghang.
[> Survey of First World War remains – Badonviller area 006]

In nächster Nähe wurden mehrfach Wildschweine gesichtet. Es gelang aber nicht, eines zur Strecke zu bringen.
Wer in Ruhe war, konnte wundervolle Wanderungen durch den prächtigen Hochwald machen. Romantische Felspartien aus roten Sandsteinblöcken und uralte Baumriesen entzückten das Auge. Nur die zerschossenen öden Dörfer sahen trostlos aus.
Im ganzen wäre es schon zum Aushalten gewesen, und die Ruhe tat den Nerven wirklich gut. Aber gerade, als wir begonnen hatten, uns einzuleben, traf uns erneuter Ablösungsbefehl. Die 33.Reserve-Division kam an Stelle unserer Division. Am 11.November abends war die Ablösung vollzogen, und im Laufe des 12. erreichten die Bataillone die befohlenen Unterkunfte: Regimentsstab und I.Bataillon Saarburg, II.Bataillon Niederweiler, III.Bataillon Bühl und Bruderdorf. Wilde Gerüchte gingen über unsere künftige Verwendung. Der Feldzug gegen Rumänien hatte verheißungsvoll begonnen und nun hofften wir alle, wir kämen dahin, endlich mal in einen Bewegungskrieg in einer interessanten fremden Gegend und heraus aus dem stumpfsinnigen Frankreich mit seinen Materialschlachten. Die Stimmung war wieder hoffnungsfroh.

54.Reserve-Division
R.I.R.245 bis Oktober 1916
R.I.R.246
R.I.R.247
R.I.R.248

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